© Anton Prock 2014
 
 
  
Antike Wurzeln der christlichen Ikonografie
  Für die Ausbildung und Entwicklung der christlichen Ikonografie ist die Kunst der 
  Griechen und Römer von großer Bedeutung. In ihrer Kunst war schon ein voll 
  entwickeltes System profaner und sakraler Bildmotive und Themen vorhanden, das 
  sowohl alle Bereiche öffentlicher als auch privater Aufgaben einschloss. Betraf der 
  sakrale Bereich die Darstellungen der Gottheiten und ihrer Taten, so der profane 
  Bereich vor allem die Herrscherdarstellungen und die Porträts der Reichen. 
  Eine eigenständige, nachantike Ikonografie entstand erst im 4. Jh. Kaiser Konstantin 
  der Große duldete ab 313 n. Chr. durch das Toleranzedikt von Mailand das 
  Christentum als neue Religion. In der ersten Zeit hatten die Christen keinen eigenen 
  Kirchenbau und es bestand kaum Bedarf an Bildern oder Dekor. Im jüdisch geprägten 
  Verständnis der frühen Christen waren bildliche Darstellungen Jesu oder der Heiligen 
  Götzenbilder und ihre Verehrung durch die Zehn Gebote des Alten Testaments 
  verboten. Mit der Anerkennung des Christentum endet die Geschichte der antiken 
  Ikonografie. Allerdings übernahmen die Christen viele ursprünglich sakrale Themen 
  der Griechen und Römer, aber auch anderer antiker Kulturen, und adaptierten sie. 
  391 wurde das Christentum zur alleinigen Staatsreligion erhoben und alle 
  heidnischen Kulte verboten. Heidnische Tempel wurden zerstört oder umgewidmet, 
  heidnische Götterbilder zerstört. Es entstand eine neue Gemeinschaft mit einer 
  neuen Verwaltung und neuen Kirchenbauten in Rom, in Byzanz und im Heiligen 
  Land. 
  Die antike Basilika wurde zum 
  Prototyp des christlichen 
  Gotteshauses. Apsis und Chor 
  waren ursprünglich dem Herrscher 
  bzw. Richter vorbehalten,  bildeten 
  aber nun den Erscheinungsraum für 
  Christus und seinen Stellvertreter, 
  den zelebrierenden Priester am 
  Altar. Der Innenraum wurde mit 
  Mosaiken, Fresken, Ornament etc. geschmückt. Privilegien der Ausstattung und des 
  Hofzeremoniells der heidnischen Kaiser wurden nun von den Bischöfen und Priestern 
  übernommen. Dazu gehören das Tragen des Purpurs, 
  Baldachine, Demutsbezeugungen wie Kniefall und 
  Proskynese. Viele Motive der kaiserlichen Triumph-
  Ikonografie wurden auf Christus und die Kirche 
  übertragen. 
  Einige Beispiele antiker heidnischer Motive und ihre 
  Umdeutung im Christentum:
  •
  Aus den geflügelten römischen Viktorien 
  gingen die biblischen Engel hervor.
  •
  Vorbilder für die das Jesuskind stillende Maria sind im alten Ägypten zu sehen, 
  wo die Göttin Isis den auf ihrem Schloss 
  sitzenden Sohn Horus nährt.
  •
  Sonne und Mond waren schon in der Antike 
  Herrschaftssymbole und wurden personifiziert 
  als Sol und Luna (griechisch: Helios und Selene) 
  dargestellt. Das Christentum übernahm sie im 
  Sinne der Verherrlichung Christi. 
  •
  Vorbild für den christlichen Heiligenschein 
  (Nimbus) sind antike Sonnenscheiben oder 
  Sonnenkronen, mit welchen die vergöttlichten 
  Kaiser auf Münzen dargestellt wurde. Aber auch antike Gottheiten hatten 
  dieses Machtsymbol, etwa Mithras und Helios. 
  •
  Laut Plinius (23-79 v. Chr.) steigt die Muschel 
  bei Gewitter an die Wasseroberfläche und 
  öffnet sich, damit der Blitz in sie einschlagen 
  kann. Andere Quellen nennen den Morgentau, 
  der in die Muschel eindringt. Nach dieser 
  Begegnung mit himmlischen Mächten senkt sich 
  die Muschel wieder auf den Meeresgrund und 
  bringt die Perle zur Welt. Damit ist die Muschel 
  zum Mariensymbol geworden. Aber auch Venus 
  entsteigt der Muschel - Symbol des Weiblichen 
  und damit der Maria.
  •
  Vorbild für die Schutzmantelmadonna ist der 
  antike Brauch, dass wohlhabende Personen 
  Waisenkinder bzw. unehelich geborene Kinder 
  symbolisch unter ihrem Mantel in Schutz nahmen, was einer Aufnahme in die 
  Familie gleichkam. 
  •
  Für die griechisch-römische Antike war der 
  Phönix ein Vogel, der (sich selbst) verbrennt 
  und aus seiner Asche wieder neu entsteht  und 
  damit im Christentum zum Symbol der 
  Auferstehung und der Ewigkeit wird. 
  •
  Die Rose verkörperte in der griechisch-
  römischen Kultur die Schönheit, den Frühling 
  und die Liebe, aber auch die Flüchtigkeit des Lebens und damit den Tod. 
  Dadurch kann sie auch auf das Jenseits 
  hinweisen. Im Christentum ist sie 
  Mariensymbol. Ein Hinweis dabei ist, dass es im 
  Paradies Rosen ohne Dornen geben soll. Die 
  Dornen wiederum stehen für das Leiden und 
  den Tod Jesu, aber auch für die Schmerzen 
  Marias, die sie aufgrund der Passion und den 
  Tod ihres Sohnes unsagbares Leid erleben 
  musste.